Von
Schönbuche
Für dieses November-Wochenende war erstaunlich sonniges Wetter voraus gesagt. Paolo und ich wollten es nutzen für eine gemeinsame Wanderung auf der Schwäbischen Alb bei Bad Urach. Bei strahlendem Sonnenschein fuhr ich in Aichtal los Richtung Metzingen, wo wir uns trafen, um mit einem Auto weiter zu fahren. Heute war ein besonders schöner Wandertag für mich – ich musste mich um nichts kümmern. Paolo hatte freiwillig die Routenplanung übernommen, und Paolo übernahm jetzt freiwillig das Steuer hoch auf die Alb. Wie schöööön. Als Beifahrer konnte ich endlich einmal die grandiosen Aussichten unterwegs genießen.
Weniger zum Genießen entwickelte sich allerdings das Wetter. Schon in Metzingen war so etwas wie eine Sonne nicht einmal mehr zu erahnen. Stattdessen hatte sich eine dicke graue Wolkendecke über uns breit gemacht. Und so sollte es den ganzen Tag bleiben.
Paolo hatte eine schöne Tour bei St. Johann angekündigt, teils am Albtrauf entlang. Albtrauf, das bedeutet immer: Heeeeerrliche Aussichten. Außerdem sollten sich die Steigungen in Grenzen halten – so versprach er. Dazu muss ich erklären, dass Paolo ein top trainierter Dreikämpfer ist und außerdem bereits 3-mal am Ironman teilgenommen hat. Als wir uns zum gemeinsamen Wandern verabredeten, bekam ich etwas Muffensausen und versuchte, meine Leistungsfähigkeit so bescheiden darzustellen, dass Paolo mir zwar keine langweilige, aber auch bitte keine Tour entsprechend SEINER Leistungsfähigkeit zumuten würde.
Wir fuhren hinter Bad Urach hoch Richtung St. Johann. Auf einem Wanderparkplatz an der Landstraße starteten wir nun unsere Tour:
Über die Rutschefelsen zum Fohlenhof St. Johann, durch die Höllenlöcher zum Sonnenfelsen und zurück.
Ich schaltet das GPS-Gerät ein, um die Tour aufzuzeichnen, und stellte fest, dass ich einen Teil der Strecke im Mai schon einmal gewandert war, auch über den Sonnenfelsen und die Höllenlöcher:
Von Fels zu Fels mit gigantischer Sicht
Wir liefen zunächst Richtung Rutschefelsen. Der Wind blies kühl und kräftig, und wir waren froh über unsere Wetterjacken und Kopfbedeckungen. Paolo quasselte und quasselte – ui, das bin ich gar nicht gewöhnt. Da ich meist allein wandere, bin ich in Gesprächen unterwegs so gar nicht geübt. Mal sehen, ob ich das ein paar Stunden aushalten würde. Dezent erklärte ich Paolo, dass er es nicht persönlich nehmen solle, wenn ich später etwas maulfaul würde. Nein, kein Problem. Dafür registrierte er meinen flotten Schritt, und ich erwiderte selbstbewusst, dass ich immer so schnell laufe. Wir hatten ja hoffentlich auch wirklich keine Steigung vor uns!
Durch spätherbstlichen Wald hindurch kamen wir am Rutschefelsen an und hatten aus über 770 m luftiger Höhe schon einmal gigantische Aussichten. Die Burgruine Hohenurach war zu sehen und weiter hinten im Tal die Ausläufer von Bad Urach.
Auf der anderen Seite fielen die für die Alb typischen hellen Felsen senkrecht ab.
Hier blieben wir erst einmal eine Weile stehen und schauten in die Ferne. Doch es wurde ziemlich frisch, also weiter.
Über eine offene Wiese kamen wir zum nächsten Aussichtspunkt des Rutschefelsen…
… und hatten wieder freie Sicht auf beeindruckende Felsenwände.
Schließlich kamen wir am Fohlenhof St. Johann an.
Paolo wusste, wo die Fohlen untergebracht waren und öffnete das Schiebefenster zum Fohlenstall. Die zarten Wesen kamen auch sofort an, um sich jede Menge Streichel- und Grauleinheiten abzuholen.
Die Pferdemamas hielten sich etwas mehr zurück. Sie kamen zwar auch neugierig an, als wir an den Zaun traten, ließen sich aber nicht berühren.
Sie waren auch gut abgesichert durch einen Elektrozaun, den ich leider versehentlich zu spüren bekam, als ich meine Hand einen Moment lang nicht unter Kontrolle hatte. Autsch!!! Das funkte heftig und zog durch den Arm.
Über herrliche Weideflächen ging es weiter…
… und über Wiesen bzw. abgeerntete Getreidefelder, wie wir vermuteten. Begleitet wurden wir vom Dröhnen eines Flugzeugs. Wir befanden uns in der Nähe des Segelfluggeländes Rossfeld.
Hier fanden wir am Wegesrand einen dicken Baumstamm liegen, der sich bestens als Bank für eine Vesperpause eignete. Ok, eigentlich hatte nur ich Hunger. Paolo knabberte zwar dann auch eine von meinen Karotten, aber wie viele Männer nun mal sind, kann er wahrscheinlich vom Frühstück bis zum Abendessen fasten und auch noch körperliche Leistungen erbringen. 😀
Schräg über uns war wieder Motorenbrummen zu vernehmen. Es kam wieder aus der Richtung oberhalb des Rossfeldes und wir konnten beobachten, wie ein Segelflugzeug von einem Motorflugzeug in die Höhe befördert und in luftiger Höhe abgeseilt wurde, um dann selbständig seine Runden zu drehen.
Idyllisch ging es dann weiter über Wiesen- und Waldwege zu den Höllenlöchern, einer Felsenspalte am Albtrauf. Hier war ich ja auch im Mai schon gewesen, ich war nur nicht durchgelaufen bzw. geklettert, sondern war auf dem Wanderweg oberhalb der Felsenspalte entlang gelaufen. Heute legte Paolo fest: Wir laufen durch, und das ist ja auch spannender.
Auf einer Leiter klettert man erst hinab und dann an einer weiteren Leiter wieder hoch.
Dann klettert man zwischen den Felsen dem Ausgang entgegen.
Das war alles in allem ein kurzes Stück, aber beeindruckend. Wie eine kleine Schlucht. Kindern macht das sicher sehr viel Spaß
Zu den Höllenlöchern selbst und der (vermutlichen) Zukunft bzw. dem Ende der Schwäbischen Alb hatte ich ja im Mai schon geschrieben. Das erspare ich mir jetzt, zumal wir das ohnehin nicht erleben werden… 😀
Nun waren wir auch schon bald am Sonnenfels. Auch hier wieder ein schöner Blick ins Emstal und auf Dettingen. Dahinter die Burgen Hohenneuffen und Teck. Eine gigantische Fernsicht.
Leider aber auch auf gigantisch dicke graue Wolkengebilde über dem Jusi und dem Kohlberg.
Nur der kräftige Wind verhinderte wahrscheinlich, dass sie sich über uns abregneten. Es war heute gar nicht richtig hell geworden, und man konnte meinen, es sei schon bald Zeit fürs Abendessen.
Hier traten wir nun den Rückweg an in Richtung Gestütshof. Im Wald war es etwas windgeschützter, zumal es nun auch ein Stück kräftig bergan ging. Aber nicht zu schlimm. Wenigsten wurde uns nicht wirklich kalt.
Dann wurde es mal wieder stiller zwischen uns. Wunderbar, wenn man mit jemandem auch vielsagend schweigen kann, vor allem beim Wandern. Später diskutierten wir das Thema, in wieweit ein Mensch, auch ein untrainierter, in der Lage ist, seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Ich bin nicht, wie Paolo der Meinung, man könne alles schaffen, wenn man will. ALLES? Paolo, der wie oben erwähnt, schon dreimal einen der schwersten Dreikämpfe geschafft hatte, und zwar nicht etwa in jungen Jahren, sondern in der jüngeren Vergangenheit, hat in meinen Augen für mich Unerreichbares erreicht. Er selbst kommentierte es mit: Das ist doch kein Problem, das kann jeder schaffen, auch du! JEDER? ICH? Ich kann es mir für mich beim besten Willen nicht vorstellen.
Aber vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass mir für solche Leistungen der nötige Ehrgeiz fehlt, ich das gar nicht wirklich WILL? Ich empfinde mich selbst als bequemen Menschen, ich kann ohne Not Stunden auf dem Sofa verbringen, ich muss mich zu jeder körperlichen Aktivität immer wieder ein wenig zwingen und bezweifle, dass sich daran je etwas ändern wird.
Schmale Waldwege über Wurzeln und Steine führten zu einem letzten Aussichtspunkt mit Blick auf die Hohenurach.
Uh, da ging es an der Kante wieder senkrecht nach unten. Sinnloserweise rief ich Paolo zu, bitte nicht weiter zu gehen. Was er natürlich gar nicht vorhatte. Und wie an jedem Aussichtspunkt zeigte mir Paolo Berge und Wege in der Ferne, die er kannte, und beschrieb mir eine Tour, die er schon gewandert war. Er kannte sich offensichtlich sehr gut aus auf der Uracher Alb.
Über ausgedehnte Weideflächen hinweg hatten wir noch einmal einen Blick auf den Gestütshof.
Dann erreichten wir den Waldweg, auf dem wir heute Vormittag gekommen waren und liefen zum Wanderparkplatz zurück.
Etwas über 13 km waren wir in 4 Stunden gelaufen. Mit einer längeren Mittagspause und mehreren Aussichtspunkten. Das ist gar nicht schlecht, es hat mir heute großen Spaß gemacht, und ich erzählte Paolo, dass ich sonst viel mehr trödele, herumstehe, mir etwas ansehe und fotografiere. Sozusagen schon mal als Vorbereitung fürs nächste Mal. 😀
Dann bestellen wir auf alle Fälle freundlicheres Wetter!
Länge: 13,2 km
Karte: Freizeitkarte 524 Bad Urach, Münsinger Alb
siehe auch: Von Fels zu Fels mit gigantischer Sicht
Hier mein GPS-Track: