Von
Schönbuche
Für meine zweite Wanderung im Vogtland hatte ich mir die 6. Etappe des Vogtland Panorama Weges ® (VPW) vorgenommen, die ganz in den Süden des Vogtlandes und teilweise an der tschechischen Grenze entlang führt:
Bad Brambach – Kapellenberg – Bad Brambach (auf dem VPW)
Dabei wollte ich einen Abstecher nach Schönberg, den südlichsten Ort des Vogtlandes und somit der ehemaligen DDR mit seinem Schloss Schönberg machen.
Den GPS-Track der Etappe sowohl auf dem geliehenen Garmin (als auch auf dem Smartphone wegen des Routenalarms und weil ich immer noch dabei war, Smartphone und Garmin zu vergleichen) parkte ich mein Auto in Bad Brambach, auf einem der Parkplätze in der Badstraße. Dort ist man dann auch schon beinahe am VPW und muss nur der Ausschilderung folgen bzw. in meinem Fall dem GPS-Track.
Gegen 9:30 Uhr verließ ich den Ort auf der kaum befahrenen Straße Richtung tschechischer Grenze, überquerte die Gleise der Vogtlandbahn…
… und befand mich in schönster still blühender Natur.
Ich wollte eigentlich gar nicht weiter gehen, so schön war hier die Morgenstimmung.
Es war wieder nichts, aber auch gar nichts zu hören außer vielstimmigem Geträller, Gepiepse und Gezwitscher. Ein wirklich seltener Genuss.
Eine Frau kam mir mit ihrem Hund entgegen, und ich beneidete sie, dass sie einen so schönen morgendlichen Gassi-Spazierweg hat, und ich musste ihr natürlich noch zurufen, wie schön es hier sei. Was sie bestätigte: Ja, herrlich ist es hier am Morgen.
Ich hatte ja noch die ganze Tour vor mir, und so lief ich weiter durchs Röthenbachtal…
… auf stillen Waldpfaden.
Hier am Waldrand, der laut Karte schon zu Tschechien gehört, suchte ich mir einen gemütlichen Platz für mein zweites Frühstück.
… mit Blick über die Felder auf den Ortsteil Sorge.
Wieder absolute Stille, kein Mensch, kein Motorgeräusch, nichts. Herrlich, so gefällt mir mein Urlaub. 🙂
Wieder dieser Anflug von Hier-bleibe-ich-jetzt-liegen. Aber als Wanderer hat man ja auch immer ein klein wenig Ehrgeiz, die vorgenommene Strecke zu schaffen. Also aufgerafft und weiter.
Zunächst aber rief ich meinen Vater an, der heute Geburtstag hatte. Ich wollte ihm nicht erzählen, dass ich mich im Vogtland, also gar nicht so weit weg von ihm befand, denn am Samstag wollte ich ihn mit meinem Besuch überraschen. Doch er hörte natürlich das zahlreiche Vogelgezwitscher. Also musste eine Notlüge her. Ich habe diese Woche Urlaub und wandere ein wenig auf der Schwäbischen Alb herum, erklärte ich, was ihn total begeisterte. Noch mehr begeisterte ihn dann ein paar Tage später die Aufklärung dieser kleinen Flunkerei durch meine persönliche Erscheinung. Um nicht zu sagen, er war völlig aus dem Häuschen vor Freude. 😀
Heute genoss ich aber erst einmal noch die Vorfreude auf diesen Besuch und vor allem diesen wirklich sehr schönen Wanderweg. Noch einmal ein Blick zurück auf die Höfe von Sorge…
… in der Hoffnung, dass der Name des Ortes nicht auch die Bezeichnung seiner Befindlichkeit ist. Denn wunderschön gelegen ist er ja, wenn auch wirklich absolut einsam, was ja oft nur als Urlauber genossen werden kann.
Weiter geht es Richtung Süden, ein Stück an der Straße entlang (wieder ohne jeglichen Verkehr), bis zum Ortseingang von Bärendorf, einem Ortsteil von Bad Brambach, wo der Wanderer mit dem Anblick verlassener und verfallener Höfe begrüßt wird.
Ansonsten besteht Bärendorf, mit bis zu 720 m der höchst gelegene Ort des Oberen Vogtlandes, aus einer Handvoll hübscher Häuschen und Höfe in einer malerischen sanft hügeligen Landschaft wie aus dem Bilderbuch, einschließlich kleinem Teich und grasender Ziegenherde. Ich weiß auch nicht, warum ich kein Foto gemacht habe. Wahrscheinlich wäre ich wieder zu lange hängen geblieben.
Hängen blieb ich dann doch noch. Einen älteren Mann, der in seinem Garten buddelte, sprach ich an. Ich weiß nicht mehr, was ich sagte, aber wahrscheinlich wieder so etwas wie ein begeistertes Lob, wie schön es hier ist. Und auch er freute sich, wie alle Vogtländer, die ich traf, offensichtlich sehr über den Gruß, und prompt waren wir in ein längeres Gespräch vertieft. Ja, wunderbar sei es hier, aber nicht im Winter! Da sei das Haus bis zu Hälfte eingeschneit. Ja, dachte ich mir doch, dass das Leben hier für die Bewohner nicht so idyllisch ist wie für einen Vorbei-Wanderer. Dies hier sei nur sein Wochenendhaus, er lebe in Bad Brambach. Ich fragte mich überhaupt, wovon die Menschen hier leben, erwiderte ich. Tja, die meisten seien fortgezogen, vor allem eben die Jungen. Und die Alten sterben weg. Inzwischen leben nur noch 28 Menschen hier. Wie eine große Familie… wenn man sich versteht. Ansonsten waren wir uns einig, dass das Vogtland als Wander- und Urlaubsgegend viel mehr bekannt gemacht werden müsse. Der Vogtland Panorama Weg sei ja sehr schön, meinte der Mann, aber mit der Gastronomie am Weg hapere es. Als Wanderer müsse man seinen Proviant immer dabei haben, und alle Wanderer, die er hier getroffen habe, haben ihren Rucksack voll mit ihrer Verpflegung. Ansonsten habe man eben den ganzen Tag nichts zu essen. Ja, das stimmt leider, es gäbe keine Einkehrmöglichkeit unterwegs, und ich habe auch alles dabei.
So redeten wir eine Weile, doch ich musste mich verabschieden und wanderte weiter, ausgerüstet mit herzlichen Grüßen und Wünschen dieses netten Vogtländers.
Wie schon die ganze Zeit richtete ich mich nach der Beschilderung des VPW, gleichzeitig auch blaue Route, die auch hier wieder vorbildlich lückenlos war. Sie wies mich von diesem Haus und somit der Dorfstraße weg auf einen Schotterweg. Bis sich plötzlich wieder der Routenalarm meines Smartphones meldete. Ein Blick in die Karte – ok, da schienen, wie schon auf der letzten Tour Beschilderung und Karte bzw. GPS-Track auseinander zu laufen. Ich lief also zu diesem Haus zurück und wurde aufgeklärt, was ich mir nun schon dachte: Es gibt mehrere Varianten mit kleinen Nebenwegen. Ich könne auch die Straße weiter hoch laufen und weiter oben abbiegen, dann stoßen die Wege wieder aufeinander. Was ich auch tat, nach einem nochmaligen Verabschieden mit vielen guten Wünschen.
Doch wieder kam ich nicht weit. Ein kleiner Junge, der mit seinem Fahrrad herum fuhr, sprach mich an, und dann fing er seine Katze ein, die ich noch bewundern musste. Da konnte ich ja auch nicht einfach weiter laufen. Sein Bruder sei in der Schule erzählte er mir. Wahrscheinlich hat der kleine Kerl hier nicht viele Freunde zum Spielen. Schließlich verschwand die Mietze unter diesem Milchhäuschen…
… und ich stahl mich davon.
Hier noch einmal ein Blick zurück auf diesen malerischen Ort:
Inzwischen zog es sich zu, und es kamen sogar ein paar Tröpfchen vom Himmel, aber es regnete nicht wirklich.
Meine nächste Station sollte der Kapellenberg mit seinem Aussichtsturm sein. Ich befand mich nahe der tschechischen Grenze und hatte schon hier und da schöne Aussichten:
Der Weg soll ja nicht umsonst „Panorama“ Weg heißen! Zum Kapellenberg hat man einen kleinen Anstieg zu bewältigen.
Ein Ehepaar in meinem Alter überholte mich, als ich so am Fotografieren war. Die Beiden wollten sicher auch zum Aussichtsturm.
Dieses Schmuckstück aus Holz steht auf der höchsten Erhebung des Elstergebirges, dem Kapellenberg, 759 m. Hier soll man eine grandiose Rundumsicht haben, weshalb es hier bereits seit 1864 die verschiedensten Aussichtstürme gab. Zu DDR-Zeiten wurde er gesprengt, denn ein Blick über die Grenzen hinaus, vor allem in den Westen war ja überhaupt nicht gut für die Moral. Die heutige Ausführung des Turms wurde 1993 eingeweiht.
Ich bezahlte meinen Eintritt von 1,50 Eur bei dem Turmwart, der hinter einem Glasfenster über dem aufgeschlagenen Vogtland-Anzeiger saß. Er bot mir an, meine Wanderstöcke in Obhut zu nehmen, was ich gern annahm. Mir fiel noch auf, was für einen ungewöhnlich vollen und langen Vollbart dieser Mann hatte, dann wendete ich mich im Erdgeschoss den zahlreichen Schautafeln zu, auf denen man in Wort und Bild viel Wissenswertes über Flora und Fauna rund um den Kapellenberg und vor allem den Bau des Turmes erfahren kann.
Da trat der freundliche Turmwärter aus seinem Büro, schloss es ab und forderte mich auf: „Kommen sie doch mal mit hoch.“ Wie stiegen gemeinsam die vielen Treppen zur oberen Plattform hoch, wo auch schon das Ehepaar dabei war, die herrlichen Aussichten zu bewundern. Und nun bekamen wir drei Leutchen eine Führung und Erläuterung, wie ich sie anschaulicher und spannender noch nicht erlebt habe. Der Mann zeigte und erklärte uns alle Ortschaften, alle Gebirgszüge, alle Berge ringsum, die man sehen konnte, und in der Tat, hier konnte man über Tschechien hinweg bis nach Bayern sehen, man konnte zum Fichtelgebirge, Erzgebirge und Böhmen schauen. Er zeigte uns den Fichtelberg, mit 1214 m der höchste Berg im Erzgebirge. Haben wir ja alle mal in der Schule gelernt, ergänzte er. Ähm…. haben wir das? 😉
Man konnte auch in der Ferne Regen ankommen sehen. Ja, er könne schon mal in Bad Brambach anrufen, dass es in einer halben Stunde regnen wird, scherzte der Mann. Er hatte sogar ein Fernglas dabei für uns und forderte uns immer wieder auf, mal hindurch zu schauen.
Unter uns, scheinbar nur ein Steinwurf entfernt, lag Schönberg mit seinem Schloss, früher der südlichste Ort der DDR, heute der südlichste Ort von Sachsen. Welch Degradierung! 😉
Das Schloss habe aber nur Freitag bis Sonntag geöffnet, erklärte der Mann. Womit sich meine Wanderung dahin erledigt hatte.
Sie sind doch aber nicht aus dem Vogtland, fragte ich ihn, da mir sein – für meine Ohren – fränkischer Dialekt aufgefallen war. Bisher hatte ich hier nur Sächsisch gehört. Doch, er sei aus dem Nachbarort, antwortet er, aber hier spreche man doch in jedem Ort anders. Das habe mit den Einwanderungen im 12. Jahrhundert zu tun – aus Ostfranken, aus der Pfalz usw.
Wir kommen aus Pausa, berichtete da die Frau in schönem Sächsisch. Ja, Pausa kenne ich auch, erzählte ich. Pausa liegt weiter nördlich in der Vogtländischen Schweiz, und die Pausaer bezeichnen ihren Ort gern als den Mittelpunkt der Erde. Dies habe ich schon zu Studienzeiten sehr oft zu hören bekommen, denn ich habe mit einem Mann aus Pausa gemeinsam studiert. Wie sei denn sein Name, interessierte sich das Paar nun, und als ich diesen nannte, war die Freude groß: Der wohnt bei uns direkt gegenüber! Das war ja mal wieder ein Zufall. Ich nannte nun meinen Namen und bat die beiden, einen Gruß an meinen früheren Studienfreund auszurichten. Während unseres Vogtlandurlaubs vor 20 Jahren wollten wir ihn besuchen, doch er war verreist. Nachbarn beschrieben uns den Weg zu seinen Eltern, die uns aufrichtig erfreut aufnahmen und bewirteten, als seien wir ihre Freunde. Auch ein Zeichen Vogtländischer Gastfreundschaft und Herzlichkeit. Leider habe ich es diesmal nicht geschafft, nach Pausa zu fahren.
Die interessante Führung war nun beendet, wir bedankten uns herzlich und verabschiedeten uns alle voneinander, und ich blieb noch eine Weile allein auf der Plattform, um nochmals die gigantische Rundumsicht zu genießen. Dann stieg ich die Treppen wieder hinunter, nahm meine Wanderstöcke in Empfang und zog weiter, nicht ohne noch einen Dank und einen Gruß im Gästebuch hinterlassen zu haben.
Hinter dem Kapellenberg ging es die Stufen hinunter…
… und kurz darauf kam ich an einem kleinen Teich vorbei, dem s.g. Schwarzen Teich, der höchst gelegenen Quelle am Kapellenberg, welche ein kleines Moor bildet.
Hier soll einer Sage nach des Nachts der Geist einer ehemaligen Nonne deren Hände reinwaschen, da sie einst das Kloster verlassen hatte, um ein Lotterleben mit ihrem Lottergeliebten zu führen. Sie versenkte sogar ihr Kind in diesem Teich.
Klar, dass sowas – aus kirchlicher Sicht – bestraft werden muss, und zwar über den Tod hinaus! Sie endete elendig, und ihr Geist findet bis heute keine Ruhe. 😮
Ich fand dagegen wieder viel Ruhe auf meinem Wanderweg.
Graswege, die anscheinend kaum betreten werden, dachte ich. Wahrscheinlich war Frieder vor mir der letzte Mensch, der hier gelaufen ist? 😀
Ich war nun wieder an der tschechischen Grenze, aber auf östlicher Seite.
Links der VPW, rechts geht es nach Tschechien hinein. Nun lief ich wieder direkt an der Grenze entlang, und die ehemaligen Grenzanlagen waren unübersehbar…
… und für den tschechischen Wanderer gab es an jeder Abzweigung warnende Schilder.
Aber ein schöner Weg war das wieder, ziemlich unberührt.
Dann verließ ich den Grenzweg…
… und wanderte weiter auf dem VPW Richtung Bad Brambach, wo ich mit idyllisch gelegenen Häuschen…
… und beneidenswerten Aussichten begrüßt wurde.
Glücklicherweise gab es am Parkplatz einen Brunnen…
… denn inzwischen strahlte die Sonne, und mir war auf dem letzten Stück durch Bad Brambach hindurch ganz schön heiß geworden.
Da die Wanderung kürzer als erwartet ausgefallen war, ich das Schloss Schönberg ja nun nicht gesehen hatte und die Sonne so herrlich schien, beschloss ich, noch ins Vogtländische Freilichtmuseum Landwüst zu fahren, was ja beinahe auf dem Rückweg nach Bad Elster liegt. Eine absolute Empfehlung! Hier konnte ich mich nicht nur mit einer Tasse Kaffee und leckerem Butterkuchen (ich hatte bis dahin tatsächlich vergessen, was Butterkuchen, einer der Lieblingskuchen meiner Kindheit, ist!!) stärken, ich erwarb auch eine Flasche Meerrettichschnaps, den die Wirtin selbst angesetzt hatte, für meinen Papa.
Fürs Museum selbst, das in einer malerischen Landschaft liegt und weitläufig aus mehreren Häusern, Ställen und Gärten besteht, blieb nur noch eine knappe Stunde, viel zu wenig Zeit, denn es schloss bereits 17 Uhr. Ich liebe solche Museen, in denen man quasi mitten drin ist im Leben der Menschen vor uns. Finde ich total spannend. Die nette Museumsmitarbeiterin bot mir an, am nächsten Tag wieder zu kommen. Ich könne mir dann alles in Ruhe ansehen – ohne nochmals zu bezahlen! Das habe ich nicht geschafft, aber mich einmal mehr über diese freundlichen Menschen hier gefreut.
Länge: 13 km
Karten:
Vogtland Panorama Weg ® – Wanderkartenset mit Streckenbeschreibung, Karte 6
Wander-, Ski- und Radwanderkarte Schöne Heimat, Vogtländische Musik- und Bäderregion mit Ortsplan Bad Elster und Ringweg, Dr. Barthel Verlag
Hier geht’s zum Fotoalbum.
GPS-Track: