Immer wieder passiert es mir auf meinen Wanderungen, dass ich an einer Kreuzung stehe und nicht weiter weiß. Die Wegmarkierungen und Hinweisschilder sind wie vom Erd- bzw. Waldboden verschluckt, während sie noch vorhin auf schnurgerader Strecke ohne Abzweigungen überflüssigerweise nicht zu übersehen waren, und weder die Karte, noch die Routenschreibung, nicht einmal die Sonne (wenn sie sich hinter einer dicken Wolkendecke versteckt) können mir einen schlüssigen Hinweis darauf geben, welcher Weg der richtige ist.
Gerade auf meinen Wanderungen in den weiten Wäldern des Hunsrück habe ich mehrere Male mindestens eine halbe Stunde damit verbracht, herauszufinden, ob ich weiter geradeaus, nach rechts oder nach links wandern muss. Ich besitze auch kein GPS-Gerät, und die GPS-Funktion meines neuen Smartphones wollte mich an der Nase herumführen – mit 3400 m Genauigkeit zeigte es meine Position im Gelände. Haha… Und kein Mensch kam vorbei, kein Radfahrer, Spaziergänger, Gassigänger, den ich hätte fragen können… Da können die Knie ganz schön weich werden, und ich habe mir bereits vorgestellt, wie es sein würde, im Wald zu übernachten…
Nun bin ich ein Mensch, der Entscheidungen am liebsten durch Nachdenken, Nachlesen, Informieren trifft. Ich möchte die Kontrolle behalten, keine falschen Entscheidungen treffen. Das kann ganz schön langwierig und sehr anstrengend werden. Und mitten im Wald klappt das irgendwann gar nicht mehr – wenn auch die letzte Informations- und Kontrollquelle ihren Dienst verweigert.
Da habe ich immer mal an meinen Ex-Freund gedacht. Auf unseren gemeinsamen Spazier- und Wandertouren fragte er mich immer wieder: „Wo möchtest du lang? Rechts oder links?“ Und ich antwortete: „Rechts.“ Worauf hin er entschied: „Ach nein, links ist besser, wir laufen links.“ Irgendwann begriff ich, dass das so ein Beispiel ist für „Ich möchte gern mal die Kontrolle abgeben, schaffe es aber nicht wirklich…“ und gewöhnte mir an „links“ zu sagen, wenn ich gern nach rechts gehen wollte. Aber wenn ich nicht entscheiden wollte, übernahm er das: „Immer muss ich entscheiden!“
Ja, und wie entscheidet man nun?
Ich laufe also erst den einen Weg ein paar hundert Meter. Irgendwann bekomme ich ein blödes Gefühl im Bauch, so wie „Mmm hier ist es nicht schön, hier stimmt was nicht…“, und gehe wieder zurück. Dann probiere ich den anderen Weg. Wie ist da das Gefühl? Manchmal muss ich die Wege 1-2-mal kurz „anlaufen“, quasi ausprobieren. Manchmal spüre ich es gleich (will es natürlich jedoch nicht immer gleich wahrhaben).
Und so tu ich etwas mir ganz Ungewohntes: Ich höre auf mein Bauchgefühl. Was bleibt mir anderes übrig?