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Wie schön es auf Matschwegen sein kann! Über den Uhlberg zum Fratzenweg

Einer der meist gelesenen Artikel meines Blogs sind meine Überlegungen zum Thema:

Alleine wandern ist nicht doof

Nun ist für mich „alleine wandern“ nicht nur nicht doof, sondern ein wesentlicher Beitrag zu meiner Wander- und somit Lebensfreude. Im Grunde erfahre und erreiche ich nur beim Wandern ganz allein das, was ich mit dem Wandern bezwecke: Ich komme zu mir, denn ich muss mich auf niemanden konzentrieren und auf niemanden Rücksicht nehmen. Ich muss mich mit niemandem auseinandersetzen, welcher Weg der richtige/schönere ist, ob man eine Jacke mehr oder weniger braucht und wo man eine Vesperpause einlegen könnte/müsste. Ich komme zur Ruhe, denn ich muss mich von keinen Sorgen mir wichtiger und lieber Menschen aufwühlen lassen. Für meine eigenen Sorgen finde ich erstaunlich schnell und ohne großartige Grübeleien Lösungen. Oft werden Probleme plötzlich viel kleiner.

Ein anderer, nicht weniger wichtiger Aspekt kommt beim Allein-Wandern natürlich zu kurz: Das gemeinsame Erleben. Das Austauschen: Oh, schau mal da, dieses Blümchen… diese Aussicht…! Genau aus diesem Grund habe ich das Alleinwandern ein ganzes Jahr lang vernachlässigt. Fast genauso lang ruft ein Stimmchen in mir: Verabrede dich nicht, zieh mal wieder allein los!

Am Sonntag habe ich dieser immer lauter werdenden Stimme endlich mein Gehör und danach umgehend Beachtung in meiner Wander-Planung geschenkt. Thomas, der zwar meine Begeisterung fürs Wandern, jedoch nicht die fürs Allein-Wandern mit mir teilt, war vielleicht etwas traurig. Aber er kann mich verstehen. Es musste sein. Und es war: Einfach schön!

Da ich momentan morgens nur schwer in die Gänge komme, wählte ich eine Runde, die ich schon kenne und für die ich zudem keine Anfahrt benötige. Im letzten Jahr war ich sie zweimal gelaufen, u.a. war dies, leicht verändert, die erste Wanderung mit Angelika und Erik:

Liebesrülps von meinem Hundebloggerfreund  🙂

Ich lief aus dem Haus, einmal um die Ecke und startete meine Runde an der Kirche von Aichtal-Neuenhaus:

Aichtal-Neuenhaus – Burkhardtsmühle – Uhlbergturm – Fratzenweg

Noch kurz überlegte ich, bei einer eventuellen Begleitung nachzufragen, doch mein inneres Wander-Stimmchen meldete umgehend tiefste Kränkung an, sollte ich nicht endlich mal wieder, und im Übrigen zukünftig öfters für mich allein wandern gehen.

Gegen 12 Uhr startete ich. Die Sonne strahlte mir bestätigend etwas Wärme zu, doch der eisig kalte Wind trieb mich voran. Schnell wurde mir warm: Hinter der Kirche geht es flott hoch in den Schönbuch. Bald konnte ich zwischen den Häuschen hindurch eines meiner Etappenziele erkennen: Den Uhlberg mit seinem Turm auf der anderen Seite hoch über dem Aichtal.

Blick hinüber zum Uhlbergturm

Nach wenigen Metern hatte ich die erste große Freude: Zwei Rehe flitzten kurz vor mir über den Weg und hoch in den Wald. Bereits letztes Wochenende hatten zwei dieser anmutigen Wesen meinen Weg gekreuzt, als wir uns bei Einsiedel im Schönbuch verlaufen hatten und quer durch die „Wildnis“ stiefelten. Ich lief schnell zu der Stelle, an der sie im Dickicht verschwunden waren, aber die Beiden hatten sich wohl unsichtbar gemacht. Da ich nun einmal stand, genoss ich noch kurz den Blick zurück über Neuenhaus hinweg bis zu Alb, auf der ich einige Schneefelder erkennen konnte.

Blick zur Alb

Nun lief ich immer an der Aich entlang Richtung Burkardtsmühle. Eine Gruppe Radfahrer kam laut lachend von hinten angeschossen – junge Kerle. Sie blödelten etwas, was den letzten veranlasste, mir zuzurufen: Die spinnen alle bissel! Na klar, warum auch nicht?   😀

Als sie mich überholt hatten, sah ich, dass ihre Trikots hinten bis unter den Hals dick mit Schlamm bespritzt waren. Nun wurde mir schon mal klar, was mich auf meinen Wegen erwarten würde.

Der Weg an der Aich entlang ist wirklich sehr schön. Leider nur ist die Landstraße zwischen Aichtal und Burkhardtsmühle, auf der anderen Seite der Aich kaum zu überhören. Dies muss man ausblenden können, was mir heute gut gelang.

Eine besonders schöne Stelle ist für mich immer wieder dieser kleine Teich, der still in einer Kurve liegt. Man sieht ihn von weitem kaum.

Kurz vor Burkhardtsmühle kann man dann auch schon diesen Weg und somit das Aichtal nach rechts verlassen, die Aich und die Straße überqueren und den Uhlberg hoch laufen. Dies ist ausgeschildert, und so waren Angelika und ich im letzten Jahr gelaufen. Ich wollte jedoch noch ein Stück weiter und meine Runde über die Burkhardtsmühle ausdehnen.

Nach einer knappen Stunde gemächlichen Laufens sah ich sie dann auch von weitem: die Burkhardtsmühle. Eine der Mühlen im Siebenmühlental. Gut zu erkennen auch die noch relativ neue Brücke über die Straße, die ins Siebenmühlental hinein führt (wo ich auch oft unterwegs bin).

Burkhardtsmühle

Oh, ich kann mich noch an die Umleitungen erinnern, als die Brücke neu erbaut wurde… Man konnte nicht mal einfach schnell nach Waldenbuch… Heute überquerte ich die Brücke zu Fuß und stand am Café Waldmeister (mit Biergarten). Wer möchte, kann auch hier die Tour beginnen, hier parken oder hier einkehren auf ein Stück Kuchen. Unten an der Straße, in der Burkhardtsmühle kann man lecker griechisch essen.

Nun sollte laut Wanderbeschreibung ein Pfad ein Stück an der Straße Richtung Nürtingen (also zurück Richtung Aichtal) entlang führen, und der Uhlberg soll hier schon ausgeschildert sein. Ich lief hin und her, ein Stück links den Berg hoch und wieder zurück, fand aber keine Ausschilderung, auch keinen Wanderpfad an der Straße. Doch ich musste nun an der Straße entlang. Hier gab es aber wie gesagt keinen Wanderweg. Nur Absperrungen, die noch relativ neu aussahen. War der Wanderpfad dem Brückenneubau zum Opfer gefallen? Die Karte sagte mir, dass ich bis zu der Stelle, an der ich vorhin schon das Aichtal hätte verlassen können, zurück musste, um zum Uhlbergturm hoch zu gelangen. Na gut, also lief ich eben das Stück nicht ganz so gemütlich an der Straße lang… und teilweise musste ich über diese künstlichen Steinmauern klettern.

An der Straße entlang

Was nicht so schlimm gewesen wäre, wenn sich nicht lange dornige Zweige auf ihnen niedergelassen hätten…

Ok, dieses Stück kann man sich sparen. Doch meine Jacke hat es überlebt, und schnell war ich an der Abzweigung, die hoch in den Wald führte. Nun konnte ich meinen Hunger wirklich nicht mehr ignorieren. Ich fand an der Seite einen dicken Baumstamm, auf dem ich mich niederlassen und meine Brote verspeisen konnte. Lang fiel die Mittagspause jedoch nicht aus, denn mir wurde schnell kalt.

Und auch jetzt kam ich schnell wieder ins Schwitzen, denn es geht ein Stück ziemlich steil nach oben. Zunächst musste ich in der Rechtskurve des Weges links diese kleine Treppe hinauf.

Treppe hinauf

Dann immer weiter hoch und dem roten Kreuz als Markierung folgen. Dieses führte mich über herrlich sonnige Wege. Teils fest und trocken:

Sonnige Wege...

… teils aber auch so:

... und frostige nasse Wege

Sonne im Gesicht

 

Ich fand jedoch immer Stellen am Rand, an denen sich noch einigermaßen gut laufen ließ. Blieb aber auch immer wieder stehen, um das Gesicht in die Sonne zu halten.

Herrlich still war es hier. Ab und zu klopfte ein Specht oder zwitscherte ein einsames Vögelchen. Und so bummelte ich vor mich hin, blieb mal hier, mal da stehen, schaute und horchte und ließ mal wieder so richtig die Seele baumeln.

 

 

 

Schließlich stieß ich auf das „Uhlbergturmsträßle“, welches, wie der Name schon sagt, direkt zum Turm führt. Dieser feste geschotterte Wanderweg war heute gut besucht. Kein Wunder, der Uhlbergturm ist bei diesem Wetter ein beliebtes Ausflugsziel. Das störte mich aber nicht weiter. Ich habe nichts gegen Mitwanderer. Auch nicht, wenn es viele sind. Ich muss ja nicht reden und nicht zuhören heute …

Links und rechts des Weges sind Schautafeln aufgestellt, welche über die Vogel- und Pflanzenwelt auf dem Uhlberg informieren. Ich blieb heute nicht stehen, denn ich wollte auf den Turm. Zudem war meine Aufmerksamkeit eher nach unten gerichtet – auf den Weg, der auch hier über die gesamte Breite im Schlamm versank. Doch wozu habe ich feste Wanderstiefel… Dann tauchte vor mir, noch hinter den Bäumen versteckt, der Uhlbergturm auf, und der Weg mündete in die herrliche vertraute Fernsicht.

Am Uhlbergturm

Schon von hier aus erkannte ich den Albtrauf.

Blick zum Albtrauf

Puh, es pfiff ein kräftiger eisig kalter Wind hier oben. Es roch nach Glühwein, mit dem sich viele Wanderer versuchten aufzuwärmen. Ich holte mir eine Tasse Kaffee am Kiosk und eine Karte für den Turm (50 Ct.). Der Kaffee war kalt, bevor ich ihn austrinken konnte. Also stieg ich die Treppen hoch. Oben war es dann wirklich richtig ungemütlich. Ich schoss schnell meine Fotos, wobei mir die Finger beinahe eingefroren wären…

… suchte nach markanten Punkten meines Dorfes, wie das Schwimmbad, gab mir heute aber keine weitere Mühe, andere Orte und Berge zu identifizieren. Schnell wollte ich wieder hinunter und mich bewegen.

Ich nahm den Weg rechts am Uhlbergturm. Hier hat man nochmals eine wunderbare Aussicht auf den Albtrauf. Und hier stehen nun auch die ersten Figuren des Neuenhauser Künstlers Adelbert Bachofer, dessen Schnitzereien den s.g. Fratzenweg hinunter nach Neuenhaus schmücken.

Geschnitzte Baumwurzel

Die Ausschilderung weist zunächst Richtung Wanderheim „Kelter“, dem Albvereinsheim der Ortsgruppe Bonlanden und führt an etlichen eingezäunten Waldgrundstücken vorbei.

Weg zum Wanderheim Kelter

Das Wanderheim Kelter, ein schmuckes Fachwerkhäuschen, zeigte sich heute eingerüstet.

Wanderheim Kelter

Dafür drangen Stimmen an mein Ohr. Und tatsächlich, der Kiosk war geöffnet, Wanderer standen an Stehtischen und tranken Kaffee und Schorle. Hier hätte ich wohl eine gemütlichere Rast gehabt.

Ich überquerte das schön gestaltete Gelände und lief weiter Richtung Neuenhaus. Kurz bevor ich rechts in den Fratzenweg einbog, entdeckte ich einen kleinen stillen Tümpel, der mir noch nie aufgefallen war. Hier musste ich dann doch noch einmal stehen bleiben und genießen.

Das ist das Schöne am Wandern – man entdeckt auch auf Wegen, die man schon oft gelaufen ist, immer wieder etwas Neues.

Fratzenweg

 

Am Fratzenweg wurde ich bereits von einem fröhlich lachenden Gesicht begrüßt.

Oder konnte ich, auf dem Gesicht eine Mischung aus wehmütigem Bedauern und leichter Schadenfreude erkennen? Schließlich wusste dieser Herr bereits, was mich erwartete! … und zwar knöcheltiefer Matsch – über die gesamte Wegesbreite!

 

 

 

 

 

 

 

staunende Fratze

 

Dieser Knabe dagegen staunte nicht schlecht: Wie… hier willst du laufen?? Und er versuchte dann auch nochmals, mich zu warnen. Lauf nicht weiter!!

 

Aber was sollte das, ich hatte ja gar keine Wahl. Ich musste hier runter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schmunzelnde Fratze

 

Was der nächste Beobachter mit einem verschmitzten Grinsen quitterte: Na du wirst schon sehen, was du davon hast.

 

 

Und so patschte ich von Matsch zu Matsch, in der Hoffnung, weder zu tief einzusinken, noch auszurutschen. Wechselte immer mal die Seite, aber das brachte auch nix. Dies ist nur ein harmloser Anfang:

 

 

 

 

 

 

Fratzenweg im Schlamm

Augen zu und durch, hätte ich beinahe gesagt, aber meine Augen benötigte ich gerade dringend, um den Schaden möglichst gering zu halten. Und während ich da so hinunter matschte, fragte ich mich, warum ich jede Woche meine Wanderstiefel und meine Wanderhosen wasche. Letztere hatte ich erst vor 4 Stunden von der Leine genommen.   😀

Aber so ist das nun mal in der nassen und kalten Jahreszeit. Und irgendwie… machte es langsam Spaß, mich da hinunter zu „kämpfen“. Als ich endlich ein Ende und die Kirche von Neuenhaus durch die Bäume erkannte, bemerkte ich, dass ich dieses Mal weiter unten kaum eine Fratze wahrgenommen hatte – vor lauter „Schlammschlacht“.

Aber ich laufe ja immer mal wieder hier hinunter oder hinauf.

Angekommen in Neuenhaus

Kurz nach 16 Uhr lief ich die Straße hinunter zur Kirche von Aichtal-Neuenhaus. Dort versuchte ich, meine Schuhe ein wenig vom Schlamm zu befreien. Kurz vor meiner Haustür traf ich meinen Nachbarn Sven, mit dem ich auch schon im Schönbuch gewandert war. Ich erzählte von meiner Suche nach dem Weg bei der Burkhardtsmühle, und er bestätigte mir, dass da früher ein Pfad an der Straße entlang vorhanden gewesen sei. Diesen gab es offensichtlich nicht mehr. Man sollte also wirklich nur bis zur Burkhardtsmühle laufen, wenn man dort parken oder einkehren möchte.

Heute war ich zwar mit meinen „Verlaufern“ bzw. der Suche nach dem Weg nur knapp über 10 Kilometer gelaufen, aber ich war so richtig angenehm müde, freute mich auf eine Tasse Tee und überhaupt – dass ich endlich einmal wieder einen Wandertag ganz für mich allein verbracht hatte. Ab nun werde ich das immer mal wieder tun. Und nun freue ich mich so richtig auf die nächste Wanderung mit Thomas und meinen anderen Wanderfreunden!

Quelle: Tour 2 aus dem Wanderführer „Ausflugsziel Schönbuch“ von Dieter Buck ( s. Bücherei)

Hier der Track: