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Und wieder ist es Wochenende, dieses jedoch ohne Verabredung. Ich hatte die Wahl zwischen Steuererklärung und einer angenehmen Beschäftigung, z.B. einer Wanderung. Dieser Artikel zeigt, wofür ich mich entschieden habe. Um die Steuern kann ich mich kümmern, wenn es den ganzen Tag regnet oder bei 30°C. Für diesen Sonntag waren um die 14°C angesagt mit Schauern und ein wenig Sonne. Perfektes Wohlfühl- Wanderklima für mich!

Zeit, meinen noch relativ neuen „Wanderführer Schwäbische Alb“ vom Bruckmann-Verlag (s. Bücherei) zu testen. Schnell hatte ich eine angenehme Halbtagestour gefunden, die Tour 20 „Beim Gestütshof St. Johann“ mit folgendem Rundweg:

St. Johann – Hohe Warte – Grüner Fels – Olgafels – Höllenlöcher – Fohlenhof – St. Johann

Gegen 11 Uhr fuhr los. Die Anfahrt würde sich mit 32 km ja in Grenzen halten. Dachte ich…

Kurz vor Metzungen fiel mir mein Geldbeutel ein… und dass ich ihn zu Hause liegen gelassen hatte! So ganz ohne Geld und Ausweise traute ich mir einen Wandertag allein nun doch nicht zu. Also umkehren und noch einmal los…

Ich hatte gerade den Übergang von der B312 zur B28 passiert, da forderte mich mein Navigationsgerät auf, nun links abzubiegen. Ich befand mich auf der B28, hier konnte ich nicht links abbiegen. Ok, meine Karten sind veraltet, und hier wurde unlängst gebaut… Kurz – ich fuhr nach einigem Hin und Her nach Bad Urach. Von da führt eine steile kurvige Strecke mit gigantischen Aussichten (die man als Fahrer nicht zu intensiv genießen sollte) hoch auf die Alb. Das war schon mal ein Genuss. Nun führte mich mein Navi auch perfekt bis zum Gestütshof Sankt Johann, einem Fohlenhof, der zum Haupt- und Landgestüt Marbach gehört. Hier findet der Wanderer alles, was er braucht – einen geräumigen Wanderparkplatz, eine Gastwirtschaft und einen Hofladen.

Inzwischen war es Mittagszeit, und es waren etliche Spaziergänger Richtung Gasthaus unterwegs. Ich dagegen wollte nun endlich auf die Wanderpiste. Am Gasthof fand ich dieses urige Schild, das mich Richtung Hohe Warte wies:

Ich musste schon genau hinschauen, um die stark verwitterten Buchstaben entziffern zu können. Doch ich mag solche hölzernen Relikte längst vergangener Wanderjahre. Diese alten Schilder aus Holz und Blech haben was…

Ein kurzer Gang durch eine Allee…

… und ich wurde im Wald freundlich begrüßt:

Solcherart Schilder, jedoch auch mit interessanten Informationen und klugen Sprüchen begegneten mir noch weitere auf dieser Tour.

Nun hatte ich mich an der roten Raute zu orientieren, die mich auf einem schönen Weg durch dichten Wald zur Hohen Warte führte, einer 820 m hohen Kuppe mit einem Aussichtsturm. Da war es auch schon zu sehen, das Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges:

Am Fuße des Turms fand gerade ein Krieg ganz anderer Art statt, einer im kleinen Familienkreis. Zwei Kinder schrien um ihr Leben, und ein Vater diskutierte mit ihnen… Ich ließ mich trotzdem auf einer der vielen Bänke nieder, denn nun hatte sich doch mein Hunger gemeldet. Die Familie schien die Fronten geklärt zu haben und entfachte nun ein Feuer an der Grillstelle gleich neben dem Turm.

Nachdem ich satt und gestärkt war, musste ich natürlich nun noch den Turm besteigen. Ich zahlte beim Turmwart 50 Cent und stieg die Treppen hoch. Wow, das war schon mal eine herrliche Rundum-Sicht über die Baumwipfel hinweg.

Nun noch ein kurzer Schwatz mit dem netten Turmwart, und weiter ging es an der roten Raute entlang, dem Schild „Grüner Fels“ nach. Wieder schönster Waldweg.

An der nächsten Kreuzung entdeckte ich den Namen des Weges – extra für mich – und fühlte mich gleich nochmals willkommen:

Die weitere Markierung Richtung Albtrauf und für den Rest der Tour ist nun die rote Gabel. Am Grünen Felsen befindet man sich dann auch schon direkt am Albtrauf. Von 803 m Höhe eine gigantische Aussicht auf Glems, im Hintergrund Metzingen…

… und links war die Achalm zu sehen, der kleine kugelige Berg im Hintergrund, ein klasse Ausflugsziel für die Reutlinger:

Es sollten auf dieser Tour weitere solcher herrlichen Aussichten folgen. Voller Begeisterung schickte ich Michaela, die sich heute vernünftigerweise für die Steuern und Besorgungen im verkaufsoffenen Metzingen und gegen eine Wanderung mit mir entschieden hatte, ein Foto.

Nun geht es lange Zeit immer an der Hangkante entlang. Die nächste Station zum Staunen ist der Rossfels. Zu ihm gelangt man über einen Wiesenweg.

Hier kam mir ein älteres Ehepaar entgegen, das offensichtlich Vogelstimmen belauschte und dabei neben mir stehen blieb. Ich blieb auch stehen und lauschte mit. Hatte ich doch gerade letztes Jahr völlig hoffnungslos versucht, ein paar Vogelstimmen zu lernen. Der Mann lauschte in die Luft und benannte eine Singvogelart nach der anderen, während ich nur bewundernd mitlauschen konnte – ich hörte verschiedenes Gezwitscher und Geträller und erkannte – Vögel… mehr nicht.  Immer wieder treffe ich auf Menschen, die 100 und mehr Vogelstimmen auseinander halten können. Ich habe das aufgegeben. Aber auch festgestellt, dass mir das gar nicht so wichtig ist. Ich kann den herrlichen Singsang im Frühling und Frühsommer trotzdem genießen.

Ja, ihr Mann kenne sich da aus, erklärte die Frau, er habe auch schon an einigen Exkursionen teilgenommen. Klasse! Und da – eine Grasmücke! Ah, ja, die weiß ich auch, die ist ja gut zu erkennen. Wir lauschten noch ein wenig gemeinsam, dann verabschiedete ich mich.

Links tauchten bald wieder die herrlichen Blicke ins weite Land auf, rechts das weitläufige Segelfluggelände Rossfeld.

Der Rossfels warnt zunächst mit einer eindringlichen Ermahnung…

… bevor sich beim Anblick des Gipfelkreuzes alpine Gefühle einstellen…

… und man kurz darauf auch hier herrlichste Aussichten genießen kann – linker Hand nochmals Richtung Achalm:

… mit Blick nach rechts auf Metzingen.

Ich war gerade noch am Staunen und Schwärmen, als ein sportlicher Mann mit Rucksack auftauchte und sich beängstigend nahe Richtung Kante bewegte, wo er seinen Rucksack ablegte. Mit gemischten Gefühlen beobachtete ich, welch herrlichen Aussichtsplatz er für sein Vesper genießen würde, als ich sah, dass er keine Brotbüchse, sondern Kletterutensilien aus seinem Rucksack zog – Seile und Haken! Ich fragte ihn, ob er sich jetzt wohl abseilen wolle – blöde Frage, denn das war ja offensichtlich. Ja, und er hoffe, das Wetter spiele mit, antwortete er freundlich. Und tatsächlich – vom Westen her kamen stockdustere Wolken an, und hier und da in der Ferne kam bereits ordentlich was runter.

Ich schaute noch ein wenig, wünschte ihm gutes Gelingen, vor allem trockenes, und lief weiter, denn gleich um die Ecke trifft man auch schon auf den nächsten Höhepunkt namens „…fels“ – den Olgafels. Unglaublich, wie weit man hier sehen konnte. Zwei ältere Herren neben mir kannten sich bestens aus und fachsimpelten über die einzelnen Ortschaften – da ist dies, dort ist jenes… und ich bewunderte ihre Ortkenntnis natürlich gebührend.

Indessen kamen die schwarzen Wolken immer näher. Die beiden Herren beschlossen, in der Nähe des Segelfluggeländes zu bleiben. In den Gebäuden gäbe es Kaffee und Kuchen, strahlten sie…. Verlockend! Doch ich blieb eisern und setzte mich wieder in Bewegung.

Im darauf folgenden Waldstück, Richtung Sonnenfels…

… wurde ich dann auch nass. Etwas unheimlich war mir jedoch ein glücklicherweise nur kurzes Gewitter. Die Aussicht vom

… entschädigte mich dann auch umgehend:

Ich stand gegenüber der Burg Hohen Neuffen. Und hatte einen schönen Blick ins Emstal und auf Dettingen. Links Jusi und Kohlberg.

Die Tour hatte sich schon mal gelohnt. Ich hätte jedoch eher losfahren sollen, denn dies ist nicht einfach nur eine Wandertour, sondern auch ein ganz besonderer optischer Genuss, für den man sich genügend Zeit lassen sollte. Ich hatte mir bis hier so viel Zeit zum Genießen gelassen, dass es inzwischen bereits 15:30 Uhr war, und ich hatte wohl gerade mal die halbe Tour geschafft. Ich musste mich also losreißen und weiter laufen. Weiterhin der roten Gabel nach.

Diese führte als Nächstes an den s.g. Höllenlöchern vorbei. Dies ist eine parallel zum Trauf verlaufende tiefe Felsspalte, durch die man laufen und klettern kann, teils auf Leitern.

Irgendwann würde die ganze Formation ins Tal abstürzen, las ich im Wanderführer. Und irgendwann wird es auf diese Art und Weise keine Schwäbische Alb mehr geben, deren nördlicher Rand früher einmal direkt bei Stuttgart verlief. Egal, ich werde das sicher nicht mehr erleben. Dagegen schienen die Höllenlöcher ein Erlebnis für Kinder zu sein, wie man dem Schall aus der Felsformation heraus entnehmen konnte. Ich nahm den Weg oberhalb der Kante entlang zum anderen Ende der Spalte.

An der nächsten Kreuzung kurz darauf fand ich wieder die rote Gabel. Nun lief ich ziemlich lang durch Wald…

… kletterte über Hindernisse…

… und weiter durch den Wald. Irgendwann der nächste Aussichtspunkt, der Gelbe Fels. Hier blickt man, durch Bäume und Sträucher hindurch, auf die Burgruine Hohenurach.

Und weiter schöne Wege durch den Wald. Irgendwann öffnet sich dieser und gibt den Blick auf weite saftige Wiesen frei.

Unübersehbar befand ich mich nun wieder in der Nähe der Gestütsanlagen, denn dies waren deren Weideflächen. Der Weg führt immer an der Einzäunung entlang…

… bis die Gebäude des Fohlenhofs auch schon zu sehen waren.

Bevor man bei diesen ankommt, passiert man jedoch noch einen letzten Aussichtspunkt mit Blick auf die Burgruine Hohenurach:

Kurz danach biegt man rechts ab auf einen Weg zwischen den Weideflächen…

Richtung Fohlenhof. Links und rechts wieder blühende Wiesen und Stuten, denen es offensichtlich schmeckte.

Am Fohlenhof ging ich weiterhin der roten Gabel nach…

… und traf auf die Allee, die zurück zum Gestüt Sankt Johann führt – offensichtlich gut geeignet zum Inlineskaten.

Ich entschied mich für den parallel zur Allee verlaufenden Waldpfad, wo ich mit einem klugen Satz des von mir immer wieder gern gelesenen Hermann Hesse verbschiedet wurde.

Schöne abwechslungsreiche Tour – und zur Wiederholung geeignet. Ja, und am neuen Bruckmann-Wanderführer hatte ich auch nichts auszusetzen, so dass ich ihn gleich am nächsten Tag in meine Bücherei aufnahm.

Länge: 11,5 km

Quelle: Bruckmanns Wanderführer Schwäbische Alb, Tour 20

Karte: Freizeitkarte 524 Bad Urach, Münsinger Alb

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6 Kommentare

  1. Sehr schöner Bericht. Und für mich auch was ganz Neues. Die Schwäbische Alb ist für mich noch totales Neuland. Muss ich gleich mal bei Google Maps schauen, wo ich da vielleicht mal in der Nähe gewesen sein könnte.
    Und ja, es ist Mai. Irgendwas war da mal mit Steuererklärung… ojeoje… 😉

  2. Schönbuche

    Hallo Michael,
    vielen Dank für deine nette Anmerkung. Freu mich, wenn dir der Bericht gefällt, und vielleicht kommt du ja mal auf die Schwäbische Alb zum Wandern.
    Ja… die Steuererklärung. Wandern ist wichtiger! Und macht viel mehr Spaß! Aber heute werde ich wohl auch einen wanderfreien Sonntag einlegen… 😉

  3. Gute Entscheidung, liebe Katrin, und wunderschöne Tour. Ich schiebe schon seit Wochen, aber am kommenden FREItag soll es endlich sein… die Lorchtour …. egal, wie das Wetter ist. 🙂
    Herzliche Grüße
    Heike

  4. Schönbuche

    Liebe Heike,
    dann wünsche ich dir viel Spaß und freue mich auf deinen Bericht!
    Lieber Gruß zurück!

  5. Hallo Katrin,
    das ist ja gut, daß Du die Runde schon gelaufen bist – herrliche Bilder – die mich inspirieren sie doch mal zu riskieren – Du kannst mir sicher sagen, ob ich mit Erik hier die Runde laufen kann ich habe nämlich immer davon abgesehen weil ich nicht wusste, ob man die Leitern umgehen kann. Somit kann ich das ja vielleicht in meine Frühlingsplanung diese Jahr ein bauen.

    Liebe Grüsse Angelika + Erik

  6. Schönbuche

    Liebe Angelika,
    das ist gar kein Problem, du kannst neben den Höllenlöchern entlang laufen. Das habe ich ja auch getan. Das ist nur ein Stück, die Spalte ist nicht so groß. Das war eine wirklich schöne Tour. Schau mal hier:
    http://wandern-tut-gut.de/das-ist-gar-kein-problem-die-uracher-alb-mit-einem-dreikampfer/
    Das war eine ähnliche Tour, in der wir hinunter geklettert sind. Aber man kann das auch auf einem Weg direkt daneben umgehen.
    Liebe Grüße an euch 2
    von Katrin 🙂

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