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Frau – allein im Wald

Ich gehe nach wie vor viel und gern allein auf Wanderschaft. Da kommt es häufig vor, dass ich längere Zeit keinem Menschen begegne, und das möchte ich ja auch so. Auch wenn ich morgens meine Nordic-Walking-Runde laufe, sind schon hin und wieder Jogger unterwegs, auch Frauen allein, und Hunde werden Gassi geführt, doch es ist nicht gerade viel Betrieb im Wald.

Immer wieder werde ich gefragt, ob das nicht gefährlich sei – so allein im Wald. Ich werde oft angesprochen, bekomme PNs in Foren oder Emails über meinen Blog von Frauen. Eine Nachbarin läuft nur im Ort, obwohl wir den Wald fast vor der Haustür haben. Der Wald sei ihr unheimlich, sagt sie mir. Also ich muss sagen, mir sind bestimmte Gegenden in Großstädten unheimlich. Aber kein Wald. Und erst vorgestern fragte mich eine andere Nachbarin, ob ich keine Angst habe. Da sei doch letzte Woche eine junge Frau von 3 Männern verfolgt, angesprochen und auch angefasst worden. Das habe sogar im Blättle gestanden!

Nein, ich habe keine Angst. Natürlich höre ich solche Geschichten nicht gern. Doch immer wieder stelle ich fest, dass ich mich im Wald geborgener und sicherer fühle als in Ortschaften. Ich halte Bäume, Tiere und ein Bächlein für nicht gefährlicher und aggressiver als die Menschen! Und wer eine Frau überfallen will, macht sich sicher eher nicht die Mühe, längere Zeit im Wald auf Lauer zu hocken und zu warten, bis mal eine vorbei kommt, geschweige denn, dass er sie bis in den einsamen Wald hinein verfolgt. Wenn frau überfallen wird, dann ist doch die Wahrscheinlichkeit größer, dass dies in einer einsamen Straße im Ort geschieht (wie mir das in meiner Jugend ja leider passiert ist…).

Zumindest hoffe ich das mal so! Und tatsächlich stellte sich in der weiteren Unterhaltung mit meiner Nachbarin heraus, dass jene junge Frau nicht im Wald, sondern hier im Ort angemacht worden ist. In einer bewohnten Straße! Glücklicherweise hat ein Nachbar es beobachtet und konnte die Täter in die Flucht schlagen.

Traurig, solche Geschichten. Das macht natürlich vielen Frauen Angst und hält sie davon ab, sich frei zu bewegen, wo immer sie auch wollen.

Aber ist es nicht auch so, dass man oft mehr Angst hat vor Gefahren, die seltener geschehen, als vor Ereignissen, die mit einer viel höheren Wahrscheinlichkeit  bzw. Häufigkeit eintreten können? Je nachdem wie man eine Sache bzw. deren Gefahr sich vorstellt und bewertet, aber auch, wie man sie gewohnt ist und in sein Leben integriert hat. Natürlich wird einem im Wald eher mulmig, wenn man einer düsteren Gestalt begegnet, als wenn dies innerhalb einer Stadt passiert, wo man ja wahrscheinlich immer oder eher von Menschen umgeben ist. Doch wie oft laufen denn merkwürdige Gestalten im Wald herum? Und wie oft andererseits greifen Menschen nicht ein, wenn jemand neben ihnen überfallen wird!

Der Typ damals bei dem Überfall in meiner Jugend hatte mich eine ganze Weile verfolgt und dann von hinten angegriffen. Übrigens mitten im Wohngebiet, zwar nachts, aber auch an einer relativ verkehrsreichen Straße.  Seitdem habe auch ich tatsächlich das Problem, dass mir wirklich immer sehr unwohl wird, wenn ich merke, dass jemand hinter mir ist. Inzwischen löse ich es so, dass ich mich, sobald ich merke, dass sich jemand von hinten nähert, umdrehe und den-oder diejenige direkt anschaue. Um festzustellen, dass es eine nette junge Frau ist oder ein Pärchen oder ein alter Mann mit einem Hund. Also kein Grund zur Sorge.

Doch immer wieder lerne ich Frauen kennen, die sich nicht allein in den Wald trauen. Gern würden sie wandern oder laufen. Auch gern allein. Schade! Dabei ist die Natur um so vieles friedlicher und harmonischer als die Menschen. Es lohnt sich, sich zu trauen. Eine gute Lösung ist es, nicht zu oft und zu intensiv daran zu denken, was alles passieren kann. Ich konzentriere mich darauf, was ich alles gewinne: die Ruhe, der Frieden, der Geruch im Wald, der weiche Boden, Begegnung mit Tieren, die Aussichten, Seen, Bäche – da gibt es vieles, das man in Ortschaften nicht finden und erleben kann. Es ist einfach eine ganz andere Qualität. Die ich nicht missen möchte .